Es gibt viel zu erzählen...

 

…wenn ich mich kurz vorstellen darf, ich bin das kleine Haus „Zum Kuhturm 2“, gleich hinter dem Marktplatz am Stadtbrunnen. Wann ich erbaut wurde, ist leider nicht mehr so genau bekannt. Sicher ist aber als 1735 der große Stadtbrand in Günzburg wütete, stand ich schon da! Und habe ihn – abgesehen von einer kleinen Rauchvergiftung - unbeschadet überstanden.

 

Was dann passierte, ist ein echtes Mysterium! Jahrhundert um Jahrhundert zogen dahin, bis um 1900 eine Familie einzog. Ruckzuck entstand unten ein Farbengeschäft und oben ein heimeliges Zuhause. In meinen großen Schaufenstern am Marktplatz drückten sich Spaziergänger und Schaulustige die Nasen platt. Doch einige Jahre später zog die Familie mit Kind und Katz aus Platzgründen wieder aus und der Rest und die Maus blieben im Haus!

 

Jedoch der guten Lage sei Dank ließen die Nachfolger nicht lange auf sich warten. In dem ehemaligen Farbenhaus gab es fortan selbstgemachte Schnitzel, leckere Eintöpfe, köstliche Suppen und gutes Bier – die stadtbekannte Gaststätte „Ritterstube“ war geboren.

 

Die Jahre vergingen und ich wurde an eine nette Familie aus Kalamata übergeben. Die darauf folgenden 30 Jahre war ich in nun peloponnesischer Hand bis der Fiskus kam und mein Bewohner verschwand. Weiter ging es mit einer schönen jungen Frau, welche großes mit mir vor hatte: eine Cocktailbar sollte es sein und das „Szenario“ zum Kuhturm entstand. Jedoch nach zwei Jahren war der letzte Cocktail verschüttet und der Putz an der Wand ganz abgebröckelt!

 

Und nun, nach all den Abenteuern und Jahrzehnten! Eine Renovierung musste her! Kaum war eine neue Idee gefunden, der Plan erstellt und alles genehmigt, krempelte mein neuer Eigentümer mit seiner lieben Ehefrau und den Kindern die Ärmel hoch und sie fingen an zu schuften. Sie rissen ab und bauten auf, putzten die alten Balken, schleppten Steine und Mörtel.

 

Ich sage Ihnen, das war nach fast 300 Jahren die reinste Frischzellenkur, ein neues Dächlein hier, eine Wändlein dort, neue Treppchen im Flur und neue Fenster in der Wand!“ Es wurde gemauert, gesägt und geschraubt und nach mehr als zwei Jahren Renovierung sah ich besser aus, als am Tage meiner Ersterbauung!

 

Nun steh ich da im vollen Glanze und möchte Sie begrüßen in meinen Wänden. Genießen Sie den Aufenthalt in der alten Römerstadt Guntia und verspüren Sie zugleich den Hauch der Geschichte in der neu erstrahlten Pension „alte Ritterstube“, dort wo früher Edelleute nächtigen und Halunken zechten. Treten Sie ein und legen Sie sich zur Ruh, träumen Sie von Geschichten, welche sich am Kuhturm ereigneten, schlafen Sie wohl, denn ich halte hier die Wacht, bis am nächsten Morgen die Sonne wieder über meine Dache lacht.

 

Nur eine Bitte habe ich noch zum Schluss mein lieber Gast, achte mein Alter und die Ruhe der anderen Gäste, lass den Glimmstängel aus und den Vandalismus draußen, damit auch die nächsten Gäste sich an meinen liebevoll renovierten Gemäuer erfreuen können und diese nochmals 300 Jahre halten.

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Herzlichst,

der gute Geist des Hauses

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